Eine Träne lief ihm rot über die Wange. Hinterließ eine warme Spur in seinem Gesicht. Seine Peiniger beobachteten dies fasziniert. Hatten sie doch bisher so ein Wesen nie gesehen.
Die gesamt Nacht probierten sie alles an ihm aus, was sie über diese Wesen in Erfahrung bringen konnten. Einiges konnten sie ins Reich der Fantasie verbannen. So zum Beispiel das fehlende Spiegelbild. Wie sollte dies auch bei einem Wesen fehlen, welches sichtbar ist. Ein Kreuz konnte dem Wesen auch keine Reaktion entlocken zu können. Erst als sie das Kreuz zum glühen brachten und es dem Wesen auf die Stirn drückten reagierte es. Doch dies schien den jungen Männern also Reaktion zu wenig zu sein. So erhitzen sie die Ketten, mit dem sie das Wesen an die Wand gefesselt hatten, in dem sie Kerzen darunter stellten. Die ließ die Ketten zwar nicht glühen, doch dem Wesen schien es nach einer Weile doch Schmerzen zu bereiten. Gern hätten sie auch Silber getestet, doch konnten sie nichts von diesem Metall auftreiben. Was stimmt, war die schnelle Wundheilung. Seit fast drei Stunden beobachteten sie fasziniert wie sich die Wunden verschlossen und fast nichts mehr davon zu sehen war. Die ersten Experimente in diese Richtung ließen sich schon gar nicht mehr nachweisen.
Sie konnten sehen, wie die durchtrennten Muskeln und Knochen wieder zusammenwuchsen, wie entfernte Haut wieder Nachwuchs. Das letzte Experiment war das bisher grausamste. Sie hatten einen Holzpflock angespitzt und die Spitze in einem Feuer erhitzt. Dann hatten sie diesen Pflock dem Wesen durch das Herz getrieben. Hilflos hatte das Wesen mit ansehen müssen, wie die Männer voller Neugier diese Tat begingen. Gespannt blickten sie dem Wesen ins Gesicht. Gierig nach jeder Regung, die es von sich gab. Auch jetzt gab es keinen Ton von sich. Es weinte lautlos. Wenn die Männer besser hingesehen hätten, wäre ihnen auch ein wenig Mitleid aufgefallen. Doch dies übersahen sie. Ganz in der Faszination versunken, dass sie ein solches Wesen fangen konnten versunken, würdigten sie nicht einen Moment das außergewöhnliche daran. Überhaupt waren all jene Wesen, die sie bisher zur „Untersuchung“ bekamen für sie nur abartig, nicht menschlich, Ungeheuer. Ob es nun Elfen, Kobolde oder Hexen waren, wenn sie bei der „Untersuchung“ nicht verstarben wurden sie danach verbrannt, was allerdings selten war. Das letzte Mal erlitt ein Troll dieses Schicksal. Sie hatten aufgehört zu zählen, wie viel Wesen sie mittlerweile für die Kirche untersuchten. Für jeden Bericht, der Rom erreichte erhielten sie eine Menge Gold und nur die zählte für sie.
Das Wesen heute hatten sie durch Zufall entdeckt. Die leuchtende Haut hatte es verraten. Es hatte sich versucht in einer Gasse zu verstecken. Doch die Männer fanden es. Gemeinsam schlugen sie auf das Wesen ein, bis es bewusstlos war. Dies ist nun einige Stunden her. Die Träne erreichte gerade das Kinn, als das Wesen starb. Der Pflock hatte das Herz durchbohrt und die Spitze kam am Rücken wieder heraus. Es stimmte also, man kann sie mit einem Stoß durch das Herz töten.
Gerade ging am Horizont die Sonne auf. Die Männer hatten noch ein Experiment, zudem sie die Sonne unbedingt brauchen. Gemeinsam trugen sie das Wesen nach draußen auf den Hof und legten es in die Mitte. Gerade als sie es ablegten, glitten die ersten Sonnenstrahlen über die hohe Mauer, die diesen Ort des Schreckens umgab. Schnell entfernten sie sich von dem Wesen. Als die Strahlen das Wesen erreichten, ging es nicht wie erwartet in Flammen auf, sondern fing an zu leuchten, so stark, dass die Männer schützend ihre Hände vor die Augen nahmen. Es dauerte einige Zeit, bis sie relativ gut sehen konnten was da passierte. Das Wesen verbrannte nicht. Der gesamte Körper erstrahlte in einem goldenen Licht. Das Gesicht nahm einen friedlichen fast glücklichen Ausdruck an. Das Wesen sah so wunderschön aus, dass die Männer Tränen in den Augen hatten. Der ganze Anblick wurde zerstört, von dem blutenden Loch an der Stelle. An der der Pflock das Herz durchbohrte. Im Licht der Sonne wuchsen dem Wesen Flügel aus Licht, die sich an seinen Rücken schmiegten.
Erst jetzt wurde den Männern klar, was sie dort getötet hatten. Es war kein Vampir, sondern ein Engel.
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